Mittwoch, 3. September 2014

Twitter darf nicht das zweite Facebook werden!


Langezeit war alles ganz normal bei Twitter: 

Man konnte sich beliebig aussuchen, was man lesen wollte und was nicht, indem man Accounts gefolgt ist oder eben nicht. Zwar wurden in der Seitenspalte von Twitter Vorschläge gemacht, wem man folgen könnte, aber man hatte immer selbst die Oberhand über die eigene Timeline. Das machte den Reiz von Twitter aus, hob es sich dadurch doch klar von Facebook ab, das seit jeher unübersichtliche Algorithmen verwendet, und so selbst entscheidet, welche Inhalte seine Nutzer_innen zu sehen bekommen und welche eben nicht. 

Doch seit kurzem entwickelt sich Twitter in eine andere Richtung: 

Begonnen hat alles, als Twitter das neue Profil einführte. Es erinnert sehr an das Facebook-Profil, was nicht weiter schlimm gewesen wäre, wenn Twitter nicht gleichzeitig auch bei der Darstellung der Tweets der Nutzer_innen Änderungen vorgenommen hätte. Plötzlich wurden keine Replies mehr angezeigt, nur noch Tweets kamen zum Vorschein. Zudem wurde ein Algorithmus eingeführt, der - wie auch immer - Tweets auswählte, die größer angezeigt wurden als andere. Die Nutzer_innen gingen zurecht auf die Barrikaden. Geändert hat sich daran natürlich nichts. 
Der nächste Schock folgte dann vor kurzem: in der eigenen Timeline wurden plötzlich Tweets von Nutzer_innen angezeigt, denen man nicht folgte. Diese Tweets wurden jedoch nicht wie bisher angzeigt, weil Accounts, denen man folgt, diese geretweetet hätten, sondern weil ein neuer von Twitter verwendeter Algorithmus sie ausgewählt hat. 

Twitter schreibt zu dieser Änderung auf seiner Support-Seite:


"Außerdem fügen wir möglicherweise auch einen Tweet, einen Account, dem Du folgen solltest oder sonstige beliebte bzw. relevante Inhalte zu Deiner Timeline hinzu. Das bedeutet, dass Dir manchmal Tweets von Accounts angezeigt werden, denen Du nicht folgst. Wir wählen jeden Tweet anhand vieler Faktoren einschließlich der Beliebtheit und der Interaktion von Personen in Deinem Netzwerk damit aus. Unser Ziel besteht darin, Deine Timeline auf der Startseite noch bedeutungsvoller und interessant zu gestalten."

Durch diese Änderung wurden der herkömmliche Retweet stark abgewertet, Favs wurden aufgewertet. Die Nutzer_innen haben nicht mehr selbst die Entscheidungsgewalt darüber, was sie sehen wollen und was nicht. Mit diesen Änderungen entwickelt sich Twitter immer mehr zu einem zweiten Facebook. Die Gründe dafür sind offensichtlich ökonomischer Art: Twitter will Geld verdienen. 

Twitter hat mich und viele weitere Nutzer_innen enttäuscht. Wir sind gegen die Facebookisierung von Twitter; es entledigt sich grade seines Alleinstellungsmerkmals, dass Nutzer_innen viel Freiraum gewährt wurde. Langfristig und mit weiterer Anpassung an Facebook wird es seine Stellung im Bereich der sozialen Netzwerke auch nicht behaupten können. 

Um auf die Unzufriedenheit mit den Änderungen aufmerksam zu machen, ist ein Twitterstreik geplant worden. Dieser findet statt am Freitag, den 5. September 2014, von 10 bis 12 Uhr. 
Es ist zu hoffen, dass sich daran möglichst viele Nutzer_innen beteiligen und sich die Verantwortlichen wenigstens Gedanken machen. Twitter muss Twitter bleiben!