Montag, 28. November 2016

Die fünfte Woche: Ouaga und Kermesse

Werden die Flaschen fallen? Spannung beim Jeu de Jonas

Bonjour à tous, hier ist der Bericht über meine fünfte Woche in Burkina Faso. Die vergangenen Tage waren picke packe voll mit tollen Erlebnissen, so dass es mir gar nicht so leicht fällt, mich an alles zu erinnern. Aber ich versuch’s einfach mal!

Ein großes Maisfeld auf dem Weg nach Ouaga

Montag, 21. November: Der Montagmorgen begann wie immer mit einer Besprechung im Sekretariat von OCADES Caritas Tenkodogo. Besprochen wurde dabei auch der Wochenplan. Wie sich herausstellen sollte, war das auch bitter nötig bei all den anstehenden Terminen. Um 13 Uhr ging es dann für Monsieur l’Abbé, also den Chef, Bayala und mich los in die Hauptstadt Ouagadougou. Die Fahrt dauerte gut 3 Stunden, die Strecke beträgt 190 Kilometer. Als wir nach Ouaga reinfuhren, kamen wir genau in den Feierabendverkehr. Dieses Bild werde ich wohl so schnell nicht vergessen. Überall Mopeds soweit das Auge reicht. Nicht umsonst wird Ouaga „la capitale des motos“, also die Hauptstadt der Mopeds, genannt. In Ouaga fanden von Dienstag bis Freitag im Centre DHI (das Konferenzgebäude von OCADES Caritas Burkina) ein Treffen mit allen internationalen Partnern von OCADES sowie der Nationalrat von OCADES statt. 

Die Ausstellung der Diözesen von OCADES

Zeitgleich gab es eine Ausstellung, bei der alle Diözesen Erzeugnisse ihrer Arbeit präsentierten. Für letzteres waren Bayala und ich zuständig. Wir sollten unsere Beurre de karité (Sheabutter) und Seife verkaufen und außerdem eine Aufstellwand mit Fotos unserer Projekte in Tenkodogo bestücken. Da Bayala einige Fotos im Büro vergessen hatte, sind wir nach der Ankunft nochmal losgefahren und haben weitere Fotos ausdrucken lassen, u.a. auch welche, die wir auf meinem Handy gefunden haben. Das ständige Knipsen ist also doch nicht ganz sinnlos! Nach dem wirklich sehr guten Essen (ich habe sogar Salat gegessen, obwohl man damit sehr vorsichtig sein soll!) ging es dann müde, aber zufrieden in unsere Unterkunft. Die Zimmer waren sehr gut, das Bad z.B. war riesig!

Unser Stand und ich

Dienstag, 22. November: Am Dienstag begann die Konferenz dann offiziell. Nach einem guten Frühstück – endlich gab es für mich mal wieder Butter – wurde auch die Ausstellung aufgebaut und wir begannen zu verkaufen. Das ging den ganzen Tag, zum Glück hatten wir einen Schattenplatz. Ich trank so viel kaltes Wasser aus Trinkbeuteln, dass ich danach richtig starke Halsschmerzen hatte. Ist aber mittlerweile wieder gut! Wir haben aber sehr gut verkauft und außerdem war das Essen auch heute wieder hervorragend! 

Mein Ausweis. Wichtig und so!

Da es um 18 Uhr einen Gottesdienst geben sollte, beendeten wir gegen 17 Uhr unsere Arbeit und hatten dann noch Zeit, uns mit M. Sanaa, einem Aussteller aus Koupela, in ein Café zu setzen und ein Bier zu trinken. Das war so erholsam, dass wir uns nach dem zweiten Bier entscheiden mussten, ob wir lieber in die Messe gehen oder noch ein Drittes trinken wollen. Ihr könnt mal raten, für welche Möglichkeit wir uns entschieden haben… Nur so viel: Bayala, der unbedingt in den Gottesdienst wollte, hat seine Prinzipien ziemlich schnell aufgegeben. ;-)

Ein Teil der unteren Etage des Marktes in Ouaga!

Mittwoch, 23. November: Am dritten Tag in Ouaga haben wir vormittags noch die Reste unserer Produkte verkauft. Dann kam aus Tenkodogo der Fahrer Sinare mit zwei älteren Herrschaften an, die auch an der Konferenz teilnehmen würden. Nachmittags beendeten wir dann unsere Ausstellung und fuhren (Sinare, Bayala und ich) auf den Markt von Ouaga. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie groß, bunt und einzigartig dieser Markt ist. Er hat mehrere Etagen (das ist für burkinische Verhältnisse schon mal eine Errungenschaft) und ein Stand reiht sich an den nächsten über gefühlt viele viele Quadratkilometer. Nach einiger Zeit habe ich endlich ein Burkina-Faso-Trikot gefunden und gekauft. Für mich als Weißen ist das Einkaufen dort aber kein Vergnügen gewesen. Man wird von allen Seiten belagert und soll am besten den ganzen Bums kaufen. Ich war froh, dass ich mit meinen beiden Kollegen unterwegs war… 

Die 4 Musketiere: Sinare, Jonas, Abbé Denis und Bayala

Nach einem kleinen Ausflug in ein Café (ja, diese Woche war sehr alkohollastig) ging es zurück ins Centre DHI. Bayala schaffte es endlich in den Gottesdienst. ;) Das Abendessen wurde verbunden mit einer Feier, bei der Preise für tolle Projekte vergeben und allen internationalen Partnern Danke gesagt wurde. Dazu sind Tänzer_innen aufgetreten, die Tänze aus allen burkinischen Ethnien verbanden. Das war für mich als begnadeten Tänzer (nicht) sehr eindrucksvoll.

Keine Merkelraute!

Donnerstag, 24. November: Nach all den Erfahrungen der vergangen Tage ging es heute mit Bayala, Sinare und zwei anderen Mitstreiter_innen, darunter einer soeur religeuse, also einer Ordensschwester, die am Vortag auch einen Preis gewonnen hatte, zurück nach Tenkodogo. Ich war froh, als wir die Stadtgrenzen von Tenko erreicht hatten, denn hier gibt es deutlich weniger Staub, Abgase und Moskitos als in Ouaga. Nachmittags wurde mir frei gegeben! 

La capitale des motos

Abschließend muss ich zum Ausflug nach Ouaga sagen, dass ich wirklich dankbar bin, das erleben zu dürfen. Ich weiß, dass es ziemlich teuer war mich mitzunehmen (Unterbringung, Verpflegung usw.). Aber es hat meinen Horizont nochmal deutlich erweitert.
Abends habe ich mich dann noch mit Eric, einem der Fahrer aus der ersten Woche, getroffen. Er hatte jemanden nach Tenkodogo gefahren und war deshalb in der Stadt. Wir waren etwas essen und (natürlich!) ein Bier trinken. Später kam dann noch Paul dazu. Ich habe mich sehr gefreut, die beiden wieder zu sehen. 

Normal beladene LKW auf der Straße nach Tenkodogo

 
Eric und ich (mit neuem Trikot)
Freitag, 25. November: Am Freitagmorgen ging die Vorbereitung der Kermesse in Garango, die am Samstag und Sonntag stattfinden würde, in die entscheidende Phase. Morgens wurde mir die Bibelstelle (Röm 13,11-14a) mitgeteilt, die ich bei der Messe am Samstag lesen sollte. Dann war ich mit Sinare und Sina in der Produktion der Beurre de karité, die wir auf der Kermesse verkaufen wollen. Wir haben beim Abfüllen geholfen. Anschließend gingen wir kurzentschlossen zum Friseur um die Ecke. Für 500 F (= 76 Cent) habe ich mir noch nie die Haare schneiden lassen. Ich hatte davor ein bisschen Angst, aber bin mit dem Ergebnis ganz zufrieden.

Beim Friseur!

Nachmittags fuhren wir dann mit allen Kollegen nach Garango. Vor Ort gab es zunächst ein Treffen mit allen Helfern der Kermesse, dann wurden die Spiele und alles weitere vorbereitet. Ich war im Vorfeld gebeten worden, ein deutsches Spiel einzubringen. Als für mich äußerst deutsches Spiel – denkt man dabei doch an alte weiße Männer, die in Kellern von alten Kneipen Bier trinken und kegeln – wählte ich Kegeln und bereitete leere Wasserflaschen als Kegel vor. Nachdem einiges, aber bei weitem nicht alles (Motto: „Das wird schon alles“), vorbereitet worden war, fuhren wir zurück nach Tenkodogo. Zusammen ging ich mit Paul noch zum Schneider, um meine beiden neuen Hosen und mein neues Hemd abzuholen. So langsam bin ich ein echter Afrikaner! 


Jonas in neuer Robe & Rolle als Spielleiter


Samstag, 26. November: Am Samstagmorgen ging es um 7 Uhr los. Gemeinsam mit Sina und Sinare holte ich Eis, um die Getränke zu kühlen, da in der Nacht der Strom ausgefallen war und auch keine Anstalten machte, demnächst wieder zu funktionieren. Dann ging es nach Garango und ich begann mit einem Kollegen mein Spiel, das fortan durch die Lautsprecher nur noch als „Jeu de Jonas“ (Spiel von Jonas) angepriesen wurde, weil sich keiner das Wort quilles (Kegel) merken konnte oder wollte. (Im Übrigen wurde ich von allen auch nur noch Monsieur Jonas genannt, das CH am Ende meines Nachnamens ist für die Leute hier nicht machbar…) Die Regeln des Spiels schnell erklärt: Die Spieler_innen bezahlen 100 Francs und haben dann 3 Versuche, um alle Kegeln umzuwerfen. Gelingt es, dürfen sie sich einen Preis aussuchen. Zu meiner Freude wurde das Spiel zu DEM Renner der Kermesse. Die Jugendlichen kamen, zahlten und spielten. Ich denke, das Spiel war so erfolgreich, weil es noch keiner kannte, weil man nicht immer gewann und die Leute es dann nochmal versuchen oder besser machen wollten als die Anderen. Auffällig war, wie sehr sich die Menschen über die Preise, hauptsächlich Klamotten aus Kleidersammlungen in Europa, freuten. Etwas mehr Dankbarkeit würde uns in Deutschland auch gut tun.


Spaß auf der Kermesse

Ab 16 Uhr bereiteten Sina, Bayala und ich uns dann auf den Gottesdienst vor, zu dem wir ja auch unseren Teil beitragen sollten. Währenddessen verfolgte ich so gut es ging das Spiel der Eintracht gegen Dortmund. Das Ergebnis und die Tabellensituation zauberten mir naturgemäß ein breites Grinsen ins Gesicht. (Übrigens haben wir kein Spiel mehr verloren, seit ich weg bin. Gibt es da etwa einen Zusammenhang?!) Um 18 Uhr begann dann die Messe. Ich bekam meine Lesung gut hin, machte keine Fehler beim Lesen und am Ende der Messe bedankte sich Abbé Denis namentlich bei mir und erklärte den vielen, vielen Gottesdienst-Teilnehmer_innen (bestimmt 300), dass ich ein Deutscher sei, auch wenn ich wie ein Franzose spreche. Aber nicht nur das trug zu meiner wunderbaren Stimmung bei, sondern auch die Freude und das Glück, die die Menschen in der Kirche ausstrahlten. Es wurde laut gesungen, fast wie auf einem Rockkonzert. Es wurde gejubelt. Es war einfach so, wie es heute in einer Kirche sein sollte. Ein Treffpunkt für alle Menschen. Und nicht so langweilig wie die Gottesdienste in Deutschland. Kein Wunder, dass bei uns keiner in die Kirche geht! Nach der Messe gab es unter einem wundervollen Sternenhimmel noch etwas zu essen, dann ging es zurück nach Tenkodogo und ich schlief hundemüde ein.

Abbé Denis und ich nach der Messe

 
Die Kinder hatten auch Spaß!✌

Sonntag, 27. November: Der zweite Tag der Kermesse begann mit einer Runde mit allen Spielleitern, um den ersten Tag zu evaluieren und die Spiele evtl. zu optimieren. Unser Spiel hatte am ersten Tag das meiste Geld eingebracht. Danach ging es weiter mit den Spielen. Die Leute strömten wieder auf das Gelände der Kermesse. Ich schätze, es waren über den Tag verteilt ca. 1000 Leute. Unser Spiel lief wieder klasse, an beiden Tagen nahmen wir insgesamt 15800 Francs, also 23,90 Euro ein. Das klingt im ersten Moment nicht viel, bedeutet aber, dass 158 Runden gespielt wurden! 

Es gab auch Hund zu essen...

Spaß am Spiel

Um 16 Uhr wurden die Spiele beendet und ich konnte mich endlich an einen Tisch setzen und mich bei einem Bier etwas erholen. Bis 20 Uhr wurde weitergetrunken, nachdem es dunkel geworden war auch noch in einer Disco in Garango. Dann ging es endlich nach Tenkodogo und die erfolgreiche Kermesse war Geschichte.

Ganz typisch afrikanisch

Da der Bericht eh schon so lang geworden ist und eigentlich auch schon alles gesagt ist, lasse ich die übergeordneten Themen diese Woche mal weg. Ich bin wirklich froh, dass diese Woche geschafft ist. Ich habe viel Neues gesehen und dafür bin ich dankbar. So eine volle Woche schlaucht aber auch ungemein und ich bin froh, dass endlich auch mal meine Kolleg_innen zum Ausdruck bringen, dass sie müde sind. Ich hoffe jetzt auf eine etwas entspanntere Woche und wünsche euch eine gute Zeit! Danke fürs Lesen!

A la prochaine,

Jonas

Montag, 21. November 2016

Die vierte Woche: Schon ein ganzer Monat!

Salut! Hier ist schon mein vierter Bericht aus Tenkodogo, es ist tatsächlich schon die Hälfte der Zeit rum! Mir geht es gut, ich fühle mich richtig wohl hier. Das liegt sicher auch daran, dass ich mich mittlerweile richtig gut verständigen kann. Ich merke täglich, dass mein Französisch-Wortschatz größer und es immer einfacher wird, Dinge auszudrücken und zu verstehen. Damit ist viel gewonnen! Wie gewohnt beginne ich mit den Tagesberichten und spreche am Ende noch einige weitere Punkte an.

Denise bringt mir bei, wie man Tô kocht.👌

Montag, 14. November: Wie immer wurde auch diese Woche mit einem Gebet und einer Besprechung mit den Kolleg_innen begonnen. Auch ich habe von meiner Arbeit in der vergangenen Woche berichtet. Im Anschluss an die Runde hatte ich vormittags noch einiges wegen des Vertrages zwischen OCADES und dem Freundeskreis Hofheim-Tenkodogo e.V. zu tun. Mittlerweile trete ich ein bisschen als Vermittler zwischen beiden Organisationen auf, die Rolle gefällt mir ganz gut. Nach der Arbeit war ich noch mit Louis in einer Kneipe und habe mich mit ihm ausgetauscht. Er will in Zukunft eine Fußballschule oder etwas ähnliches eröffnen, um Kindern die Möglichkeit zu geben, ihren Traum zu leben. Diese Idee finde ich super, Fußball verbindet. Wenn irgendwie möglich, werde ich ihn bei seinem Vorhaben unterstützen und mich dafür einsetzen, dass die Kinder neben dem Fußballspielen die Schule nicht vergessen. Denn Bildung, das merkt man hier immer mehr, ist die wichtigste und entscheidende Grundlage für ein gutes Leben.

Sonntägliche Essenssuche in Tenkodogo

Dienstag, 15. November: Auf der Arbeit war ich zwar noch kurz mit dem Vertrag beschäftigt, ansonsten hatte ich nicht wirklich viel zu tun. Auch solche Tage gibt es. Abends war ich mit meinen Kollegen Seini Sinare und Michel Sina in einer mir neuen Kneipe Bier trinken. Wir konnten uns super austauschen und sie haben ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert.

Sina, Jonas et Sinaré 

Mittwoch, 16. November: Heute war ich mit Sinare und Martine den ganzen Tag in Garango, um die Kermesse vorzubereiten. Wir haben uns um die Preise/Gewinne (des lots) für die Tombola und Spiele gekümmert. Diese bestehen hauptsächlich aus Klamotten, die in Europa gesammelt wurden und bei OCADES angekommen sind. Ich habe mich gefragt, ob es richtig ist, Klamotten, die man unentgeltlich bekommen hat, per Los zu verkaufen. Nach Rücksprache mit einigen Leuten, u.a. Paul, habe ich aber verstanden, dass es Situationen gibt, in denen andere Dinge mehr gebraucht werden. Durch den Verkauf der Klamotten werden neue Gelder generiert, die dann in andere Dinge investiert werden können. Diese Erläuterung finde ich plausibel. Der Tag war sehr anstrengend, da wir von 9 bis 18 Uhr unterwegs waren und wirklich körperlich gearbeitet haben. Ich denke, grade für mich, der nicht an das Klima gewöhnt ist, ist es besonders anstrengend.

Blick auf die Hauptstraße und den Markt von Garango

Donnerstag, 17. November: Der Morgen wurde mit einem Gottesdienst in den Räumen von OCADES, geleitet von Abbé Denis, begonnen, um für die Konferenz aller Diözesen von OCADES Caritas Burkina und deren internationalen Partnern in der kommenden Woche sowie für die Kermesse (Jour nationale Caritas) zu beten. Vormittags sind wir dann erneut nach Garango gefahren und haben weiter die Preise vorbereitet. Es gibt nun 400 weitere Preise für sogenannte Überraschungs-Briefumschläge (des envéloppes surprises), die ich alle von 1 bis 400 durchnummeriert habe. Am Abend waren wir endlich mit der Vorbereitung der Preise fertig und fuhren zurück nach Tenkodogo. Zwischendurch fragte ich mich manchmal, ob ich eigentlich in Tenkodogo oder doch eher in Garango arbeite. Abends war ich dann nach dem Essen noch mit Paul Trinkbeutel (sachets) kaufen. Die trinkt hier jeder und sind extrem billig. Mittlerweile hat sich mein Magen umgestellt, sodass ich diese ohne Probleme trinken kann. 12 Liter kosten so viel wie eine 1,5-Liter-Falsche des Wassers, das ich bisher getrunken habe. Es lohnt sich also! Leider tragen sie aber auch zum extrem hohen Verbrauch an Plastik bei und verschmutzen die Umwelt, weil sie von den meisten Menschen einfach achtlos auf die Straße geworfen werden. Hier sollte ein Umdenken stattfinden. Als erstes sollte die Stadt viel mehr Mülleimer aufstellen, sodass die Menschen überhaupt die Möglichkeit haben, Abfälle richtig zu entsorgen.

LKW transportieren hier nicht nur Lebensmittel und Tiere, 
sondern auch Menschen. Leider sehr gefährlich...


Freitag, 18. November:
Auch der Freitag wurde mit einem Gottesdienst begonnen. Insgesamt sollen alle Diözesen von OCADES in Burkina Faso dreimal für das Gelingen der Konferenz und des Jour national Caritas beten. Danach hatte ich im Büro wenig zu tun. Es zeigt sich immer mehr, dass es zwei unterschiedliche Arten von Tagen gibt. Auf der einen Seite gibt es immer dann viel zu tun, wenn man unterwegs auf dem Land ist, auf der anderen Seite sind die Tage im Büro oft nicht besonders voll und es gibt für mich nur wenig zu tun. Es ist aber nach den wahrhaft anstrengenden Tagen in Garango usw. nicht schlimm, am nächsten Tag wenig zu tun zu haben. Im Gegenteil kann man die Zeit nutzen um sich etwas auszuruhen, auch das muss sein. 

Tägliche Essensuche im leckeren Müll

Samstag, 19. November: Heute habe ich mich in meinem Zimmer von der anstrengenden Arbeitswoche erholt, nachmittags die hr1-Bundesliga-Konferenz gehört und abends mit Paul in einem Restaurant gegessen und das spanische Derby Atletico gegen Real Madrid geguckt. 

Es gibt hier wunderschöne Orte, 
oft nur ein paar Meter von der Hauptstraße entfernt.

Sonntag, 20. November:
Heute habe ich von Denise, Pauls Frau, gelernt, wie man Tô, das burkinische Nationalgericht, kocht. Eigentlich ist es ziemlich einfach und besteht nur aus Maismehl und Wasser. Deshalb ist es auch wichtig, eine gute Soße dazuzumachen. Nachmittags habe ich das Spiel der Eintracht in Bremen per Radio verfolgt (<3). Abends war ich dann noch bei Louis und dessen Frau Gili zum Essen eingeladen. Es gab Nudeln mit Tomatensoße und Pommes mit Hähnchen und war sehr lecker. Es ist wunderbar, dass man hier im November mit T-Shirt draußen sitzen und das Wetter genießen kann. 

Jonas ist stolz wie Oskar über seinen ersten Tô, 
der von Denise und Paul mit einer 1 benotet wurde

Das waren auch schon die Tagesberichte aus der vergangenen Woche, hier noch einige allgemeine Punkte.

Wetter/Klima: Jetzt, da es immer mehr in Richtung Dezember geht, wird es auch hier Winter. Das führt dazu, dass das Klima langsam echt angenehm wird. Nachts lässt es sich sehr gut schlafen und tagsüber ist es nur noch um die Mittagszeit sehr heiß. Für mich ist das insgesamt perfektes Wetter!

Sprache: Wie schon gesagt, ist es mit dem Französisch mittlerweile echt gut! 

Sonntags ist auf den Straßen von Tenkodogo nicht so viel los

Heimweh:
Im Prinzip hat sich zu letzter Woche nichts verändert. Alleine ohne Freundin, Familie und Freund_innen zu sein, sollte kein Dauerzustand sein! Aber jetzt ist schon die Hälfte geschafft und bald bin ich wieder da! ✌

Die nächste Zeit: In den nächsten Tagen gibt es viel zu tun. Von Montag bis Donnerstag werde ich mit meinen Kollegen in Ouagadougou, der Hauptstadt, auf einer Caritas-Konferenz sein. Das wird sicher spannend. (Dort werde ich mir auch ein originales Burkina-Trikot kaufen.😀) Am Wochenende findet dann endlich die Kermesse statt. Ich bin wirklich gespannt, wie sowas abläuft! In der nächsten Woche werde ich mich bei OCADES dann mit dem Thema Inklusive Bildung auseinandersetzen, was sicher auch gut dazu passt, dass ich in der darauffolgenden Woche dann in der Schule für Sehbehinderte sein werde. Alles weitere dann in den nächsten Berichten!

Ein Trinkbeutel. Man reißt ihn an einer Ecke mit den Zähnen auf 
und trinkt. Wenn man etwas abgetrunken hat, kann man ihn 
hinstellen wie ein Glas. In einem Beutel sind ungefähr 0,4 Liter.

Ich hoffe, es geht euch gut und freue mich von euch zu hören. Mit diesem Beitrag sende ich euch auch etwas Sonnenschein und Wärme ins kalte Europa, denn davon haben wir hier genug.😊 
Achso, fast vergessen: Wer will, kann mir auch gerne auf Instagram (https://www.instagram.com/jtresbach/) folgen. Dort stelle ich täglich Bilder ein.

A bientôt 
Jonas


Zivilisierte Essenssuche, 
wie es sich für echte Wanga (Moore für Esel) gehört.

Montag, 14. November 2016

Die dritte Woche: So gut wie angekommen

Schon wieder ist eine Woche hier in Tenkodogo passé und ich bin euch einen Bericht schuldig. Mir geht’s hier sehr gut: Die Leute sind sehr nett und zuvorkommend und ich finde mich mittlerweile schon echt gut zurecht. Wie immer fasse ich zunächst die Tage kurz zusammen und greife am Ende noch einige allgemeine Themen auf.

Eine Herde Nafos (Rinder)

Dienstag, 8.11.2016: Wie ich bereits beim letzten Mal berichtet habe, habe ich mit Seini und Martine Rucksäcke für bedürftige Kinder gepackt und an die Schulen in Garango gebracht. Geholfen hat uns dabei Marcel, ein OCADES-Mitarbeiter, dessen Arbeitsplatz vor Ort in Garango ist und der alle Wege in und auswendig kennt. Ich finde es unglaublich, dass man sich das alles merken kann, für mich sieht alles ziemlich gleich aus. Die Kinder haben sich über die Schulsachen und Rucksäcke sehr gefreut. Endlich können sie richtig am Unterricht teilnehmen und etwas lernen. Die Dankbarkeit in den Augen der Kinder verriet, dass man hier in Burkina als Schüler_in eine andere Einstellung hat als viele Schüler_innen in Deutschland, die sich tagtäglich morgens in die Schule schleppen. Die Kinder hier verstehen, dass Bildung die Grundlage für ein gutes Leben ist. Das Ausfahren der Rucksäcke hat sehr lange gedauert und war anstrengend. Vor dem Feierabend sind wir noch in ein Geschäft gefahren, in dem wir weitere Rucksäcke und Schulsachen kauften, um diese am Mittwoch noch verteilen zu können. Um 18 Uhr konnte ich dann endlich Feierabend machen. Abends war ich zwar total müde, habe mich aber trotzdem noch mit Louis auf ein Bier getroffen. Louis ist derjenige, der die Projekte des viel redenden Franzosen betreut, während dieser nicht vor Ort ist. Diese Begegnungen nach Feierabend machen Afrika aus. Man kann offen reden und erfährt viel.

Ein wunderschöner Baobab und unser Auto

Mittwoch, 9.11.2016: Der erste Blick aufs Handy war wie ein Schock: Donald Trump war zum amerikanischen Präsidenten gewählt worden.😧 Ich konnte es nicht fassen. Das hätte ich selbst den Amis nicht zugetraut. Dennoch bin ich mit etwas Verspätung aufgestanden, es hilft ja alles nichts. Die Präsidentschaftswahl lief auch hier im Radio hoch und runter, ein Gesprächsthema für die Menschen war es aber nicht wirklich. Auch auf der Arbeit wurden nicht viele Wörter darüber verloren. Ich denke, das hat mit zwei Dingen zu tun: Erstens sind viele Leute hier damit beschäftigt, über die Runden zu kommen und haben gar nicht die Zeit, sich mit Weltpolitik zu beschäftigen. Zweitens liegt es sicher am Mediensystem, das sich sehr vom deutschen unterscheidet. Einen Fernseher besitzen nur wenige, wenn überhaupt gibt es Radios. Auch das mobile Internet ist hier noch nicht so stark verbreitet wie bei uns, das wird sich in meinen Augen aber ändern.

Vormittags haben wir also wie am Vortag die restlichen Rucksäcke ausgefahren. Mittags waren wir dann endlich fertig. Insgesamt haben wir 200 Rucksäcke auf viele, viele Schulen und Schultern verteilt. Das Mittagessen (Reis mit Erdnusssoße) war sehr lecker, ebenso das Abendessen mit Paul (Erbsen mit Schweinefleisch). So langsam stellt sich mein Magen um!

Die Stadtmitte von Tenkodogo

Donnerstag, 10. November 2016: Nach all der Fahrerei an den Vortagen war ich glücklich, endlich mal wieder einen Tag im Büro zu verbringen. Dort habe ich den von Abbé Denis ausgearbeiteten Kooperationsvertrag zwischen OCADES und dem Freundeskreis Hofheim-Tenkodogo e.V., meiner Organisation in Deutschland, ergänzt und aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt. Das war gar nicht so einfach, da solch ein Vertrag selbstredend in sehr formaler Sprache verfasst ist. Aber in Kooperation mit dem Google Übersetzer und meinen Gedanken hat es in meinen Augen ganz gut geklappt und Abbé Denis fand es „wunderbar“, auch wenn er es natürlich nicht wirklich einschätzen kann, weil er nur ein paar Brocken Deutsch spricht… 😂

Blick auf die Wohnungen, wo ich untergebracht bin

Freitag, 11. November 2016: Schon wieder ging es nach Garango, diesmal mit allen Kollegen aus Tenkodogo und zur Vorbereitung einer Kerb (kermesse) anlässlich des journée nationale Caritas, der in diesem Jahr in Garango am 26. und 27. November gefeiert wird. Gemeinsam mit vielen weiteren Mitarbeitern wurde der Stand der Vorbereitungen geprüft und konkretisiert. Im Vorfeld hatte man dafür Arbeitsgruppen (commissions) gebildet, die für Dinge wie Getränke, Essen, Spiele, Gesundheit, Sicherheit, Wasser usw. zuständig waren. Zu meinem Erschrecken sind auch Hunde auf der Speisekarte… 😖 Für deutsche Verhältnisse sind die Vorbereitungen zwei Wochen vor Beginn der Kerb noch nicht weit fortgeschritten, ich bin wirklich gespannt, ob alles klappt. Da ich gebeten wurde ein typisch deutsches Spiel einzubringen, habe ich mich für Kegeln (mit Plastikflaschen) entschieden und werde dieses Spiel während der Kerb auch leiten.

La Brakina: Gutes burkinisches Bier

Samstag, 12. November 2016: Heute haben Paul und ich den Stoff, den ich in der ersten Woche gekauft habe, zum Schneider gebracht. Er hat meine Maße genommen (Übrigens: In Afrika gehöre ich nicht zu den Kleinsten!) und näht mir nun daraus ein langärmeliges Hemd, eine kurze und eine lange Hose. Ich bin gespannt auf das Ergebnis! Abends wollte ich noch das WM-Quali-Spiel zwischen Kap Verde und Burkina (Endstand 0:2👌) in einem Restaurant anschauen, aber es wurde leider nicht übertragen. Nach dem Abendessen war ich noch an der Kirche, wo ein Konzert eines Chores stattfand. Ich habe zwar nicht verstanden, was gesungen wurde, trotzdem gefällt mir afrikanische Musik sehr gut!

Konzert am Samstagabend

Sonntag, 13. November 2016: Paul hat mich zu sich nach Hause zum Mittagessen eingeladen. Zum ersten Mal habe ich Tô, ein in Afrika weitverbreitetes Gericht aus Maismehl, gegessen. Tô ist gleichzeitig das Nationalgericht in Burkina Faso und sieht ein bisschen wie eine Mischung aus Wackelpudding und Mascarpone aus. Es ist ziemlich lecker und ich denke, ich werde es an Weihnachten für meine Familie kochen. Pauls Ehefrau wird mir zeigen, wie man es zubereitet.😊

Landschaft um Garango.

Soweit meine Tagesberichte. Wie immer gehe ich jetzt noch auf einige allgemeine Aspekte ein:

Wetter/Klima: Da es immer staubiger und trockener auf den Straßen wird, braucht man mittlerweile unbedingt einen Mundschutz beim Rollerfahren. Mittlerweile habe ich von Paul dankenswerterweise einen Helm bekommen, damit ist es noch besser! Das Wetter gefällt mir insgesamt immer besser. Es ist gefühlt nicht mehr so drückend heiß und nachts wirklich angenehm!

Sprache: Mein Chef sagte mir, dass mein Französisch immer besser werde. Das sehe ich auch so und ist sehr gut!

„Der Weiße, der Weiße“: Auf der Straße rufen viele Kinder und auch ein paar Erwachsene „Cassara“ (oder so ähnlich), wenn ich vorbeikomme. Mittlerweile habe ich herausgefunden: Das heißt „der Weiße“ auf Moore.

Heimweh: Natürlich freue ich mich aus unterschiedlichen Gründen schon auf Zuhause: meine Freundin, meine Familie, unser Essen (z.B. Burger King 💓😀), Fernsehen (!) usw. Aber grade der Blick auf meine Wetter-App zeigt mir doch täglich, dass es auch nicht verkehrt ist, hier zu sein. ;-)

Mein Plan: In den letzten Tagen habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich die verbleibende Zeit hier aufteilen will. Nächste Woche bin ich mit OCADES zwei Tage in Ouagadougou. Nach Rücksprache mit Paul und Abbé Denis werde ich bis Ende November bei OCADES bleiben und danach gut eineinhalb Wochen in der Schule St. Vincent de Paul bei Abbé Lucien helfen. Im Dezember werde ich außerdem einen Deutsch-Workshop in Pauls Schule anbieten und nach Goursampa und Gorgou fahren, um die Projekte meines Vereins anzuschauen und ggf. Rückfragen zu klären.

Unser Hof

So, das war's für diese Woche. Ich freue mich, dass so viele von euch meinen Blog verfolgen. Ihr seht, ich bin so gut wie angekommen in Burkina! Wie immer freue ich mich, von euch zu hören!

In diesem Sinne, à la prochaine!

Jonas

Montag, 7. November 2016

Die zweite Woche: Das Praktikum beginnt

Nach einer einer ersten, anstrengenden Woche, in der ich die Projekte des Freundeskreises Hofheim-Tenkodogo kennengelernt habe, ging mein Praktikum bei OCADES Caritas in den letzten Tagen nun endlich los und so langsam fühle ich mich hier angekommen. Aber der Reihe nach…

OCADES Caritas Tenkodogo, mein Arbeitsplatz

Mittwoch, 2. November 2016: Abbé Dénis, mein Chef für die nächsten gut sechs Wochen, hat mich morgens eingesammelt und mit seinem Pickup sind wir ins Büro von OCADES Caritas Tenkodogo gefahren. Da er quasi ein Nachbar von mir ist, war das kein Problem. Bei OCADES wurde ich meinen Kolleg_innen vorgestellt, die sehr nett zu sein scheinen; Seini Sinare hat mich zum Beispiel direkt auf Facebook geaddet. Nach der Begrüßung hat Abbé Dénis mit mir über OCADES gesprochen. OCADES steht für Organisation catholique pour le Développement et la Solidarité und ist nichts anderes als die Caritas hier in Burkina Faso. OCADES kümmert sich dementsprechend um benachteiligte und arme Menschen, ihre Projekte drehen sich hauptsächlich um klassische Entwicklungshilfethemen wie Bildung (insbesondere inklusive), Alphabetisierung (in Burkina sind noch immer fast 70 Prozent der Bevölkerung Analphabet_innen) und Rehabilitation (da bin ich noch nicht ganz so dahinter gekommen, was das genau ist). 

Zudem haben wir ein bisschen über meinen Aufenthalt gesprochen und Grundsätzliches geregelt. Gearbeitet wird bei OCADES von 7 bis 12.30 Uhr und von 13.30 bis 16 Uhr, was mich erstmal getroffen hat; nicht weil es mit acht Stunden mehr als bisher angenommen ist, sondern dass es um 7 losgeht… Nach dem Schock habe ich mein eigenes Moped gekommen, jetzt bin ich endlich mobil und das Trainieren mit Paul hat sich ausgezahlt! 

Am Vormittag habe ich dann mit dem Abbé noch eine Tour durch Tenkodogo gemacht, bei der ich u.a. der örtlichen Polizei vorgestellt wurde. Außerdem haben wir die École Saint Vincent de Paul besucht, die unter anderem Kinder mit Sehbehinderungen unterrichtet. Dort werde ich unter Umständen auch einen Teil meiner Zeit verbringen und den Lehrer_innen helfen. Unser Verein hatte der Schule vor zwei Jahren einen Braille-Drucker geschenkt, wegen dem nun nicht mehr alles auf einer Schreibmaschine getippt werden muss. Dieser wurde von den Lehrer_innen als große Errungenschaft gelobt.

Nafo (Moore für 'Rind')

Donnerstag, 3. November 2016: Anders als am ersten Tag des Praktikums hatte ich am zweiten nicht besonders viel zu tun. Deshalb habe ich einige Daten über Burkina Faso zusammengesucht, die zeigen welch krasser Gegensatz in puncto Wohlstand dieses Land im Vergleich zu Deutschland ist:
Burkina Faso
Deutschland
Human Development Index (HDI): Platz 181/187 mit einem Index von 0,388
HDI-Platz 6/187 mit einem Index von 0,911
Pro-Kopf-Einkommen (2006): 449 US-Dollar
Pro-Kopf-Einkommen (2013): 44.999 US-Dollar; also das 100-fache!

Nach der Arbeit war ich noch mit zwei Kollegen, Bayala und Jerôme, ein Bier trinken. Dabei konnten wir uns super austauschen und Burkina und Deutschland vergleichen. Ich habe ihnen klar gemacht, dass Deutschland mehr als Bier und Oktoberfest ist und von unserm Ebbelwoi erzählt. ;)

Abends habe ich dann Paul vorgeschlagen, dass ich mit seinen Schülern auf dem Gymnasium im Deutschunterricht einen Workshop machen könnte (Danke für die Idee, Mama!). Er fand die Anregung super und so werde ich im Dezember also mit seinen Schüler_innen deutsche Lieder wie „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ und „Bruder Jakob“ singen und deutsche Spiele (Stille Post, …) spielen. Wer weitere Ideen hat, kann sie mir gerne mitteilen, danke!

Dorfplatz von Zéké

Freitag, 4. November 2016: Mit meinem Kollege Bayala war ich „sur le terrain“, also unterwegs in den Dörfern, die zu Tenkodogo gehören. Wir sind mit seinem Motorrad gefahren. Thema war der richtige und pflegliche Umgang mit dem Wasser aus den dortigen Brunnen. Das erste Dorf heißt Nama. Der Schulleiter einer dortigen Schule hat uns in Tenkodogo abgeholt, um uns den Weg zu zeigen, Wegweiser oder ähnliches gibt es nämlich nicht. Es waren ca. 40 Menschen gekommen, um sich von OCADES informieren zu lassen, hauptsächlich Männer und natürlich auch der Dorfchef; die haben eine herausragende Rolle und treten z.B. bei Streits im Dorf als Mediatoren auf. Die Frauen hielten sich mit den Kindern im Hintergrund auf, die Männer redeten, was meinen bisherigen Eindruck vom westafrikanischen Frauenbild stützte. Alles wurde in Moore, also der einheimischen Sprache, besprochen, weshalb ich rein gar nichts verstanden habe. Mein Kollege hat mir aber im Vorhinein und danach alles Wichtige berichtet. Französisch können auf den Dörfern nur die wenigsten. Wieder zeigte sich, dass fehlende Bildung eins der entscheidenden Probleme ist. Ich sehe hier eine Diskrepanz zwischen den Dörfern und der Stadt: In der Stadt sind die meisten höher gebildet. Der einzige Kommunikationsweg von OCADES mit den Dörfern sind also persönliche Gespräche. Kampagnen können aufgrund der Nicht-Verbreitung von Massenmedien nicht über diese geführt werden. Viele Dorfbewohner hatten aber Handys, mit denen auch viel telefoniert wird. Ich denke, die Lage hat sich durch die Ausbreitung von Mobiltelefonen deutlich gebessert.
Im Dorf wurde dann eine Association des Usagers de l’Eau gegründet, also eine Gruppe, die sich stellvertretend für alle Dorfmitglieder um die Instandhaltung der Brunnen kümmert. Sie eröffnet z.B. auch ein Konto, auf das jährlich alle Wassernutzer_innen einen kleinen Betrag einzahlen, damit ggf. Reparaturen usw. bezahlt werden können. 

Das zweite Dorf war Zéké. Dort mussten wir zwei drei Stunden auf den Termin warten, weil wir im ersten Dorf so schnell fertig waren, aber eine Rückfahrt nach Tenkodogo zeitlich nicht gepasst hätte. Also haben wir einen Mittagsschlaf gemacht, was auch nicht verkehrt war. Nach der Wartezeit, in der mir insbesondere aufgefallen ist, wie schlecht die Zähne der Dorfbewohner sind (hier könnte man evtl. auch ein Projekt machen), waren zwar einige Dorfbewohner_innen gekommen, aber nicht die Brunnen-Verantwortlichen, sodass wir das Gespräch leider absagen mussten. Bayala sagte, das sei ganz normal, er sei daran gewöhnt. Ich empfand es als eine Frechheit.

Ein toller Baum in Zéké

Nach der Arbeit war ich noch in einem kleinen Supermarkt (der einzige hier!) einkaufen. Als ich dann wieder losfahren wollte, bin ich mit dem Roller hingefallen. Die Leute haben mir direkt geholfen, was sehr nett war. Zum Glück ist auch zufällig Paul mit seinem Roller in dem Moment auch dort gewesen, der mich zu sich nach Hause mitgenommen und dort verarztet hat. Am Abend bin ich dann schon wieder Roller gefahren, außer zwei Schürfwunden ist zum Glück auch nichts passiert, obwohl ich keinen Helm (wie alle hier!) aufhatte.


Samstag, 5. November 2016: Ich habe mich hauptsächlich von einer anstrengenden Woche erholt, etwas gelesen und nachmittags das 1:0 der SGE gegen Köln per Internet-Radio auf dem Handy verfolgt. Natürlich hatte ich zu diesem Anlass mein schönes Eintracht-Trikot an. Hier tragen übrigens fast alle Kinder immer Trikots von den großen europäischen Fußballvereinen: Real Madrid, FC Barcelona, Atletico Madrid, BVB, Juventus Turin und leider auch Bayern (wenn die wüssten… ;)). Abends habe ich noch lange mit meiner Heimat telefoniert! ;)


Fröhliche Hessen überall!

Sonntag, 6. November 2016: Paul hat mich zum Essen mit seiner Familie eingeladen. Ich fühle mich immer etwas schlecht, dass seine Ehefrau so viel für mich macht (z.B. kocht sie oft für mich und wäscht meine Klamotten) und ich nur untätig in ihrem Wohnzimmer sitze, aber Paul sagte mir, das sei in Afrika normal („Il faut que tu apprennes vivre africain“). Nach dem Essen haben Paul und ich den Roller nach dem Sturz wieder ganz auf Vordermann gebracht!

Eine Schule in Garango

Montag, 7. November 2016: Eine neue Woche beginnt bei OCADES mit einer Zusammenkunft aller Mitarbeiter, die durch ein gemeinsames Vater-Unser-Gebet eingeleitet wird. Dann erzählt jede_r, was sie oder er in der letzten Woche gemacht hat und in der anstehen Woche vorhat. Das halte ich für sinnvoll, damit alle wissen, was so passiert. 

Rucksackübergabe

Nach dieser Runde bin ich mit meinen Kollegen Seini und Martine nach Garango, ein großes Dorf zu Tenkodogo gehörend, gefahren. Dort haben wir an den Schulen jenen Kindern, die entweder eine Beeinträchtigung oder deren Eltern sehr arm sind, Schulranzen mit den Unterrichtsmaterialien für das grade begonnene Schuljahr überreicht. Damit waren wir den ganzen Tag beschäftigt und morgen geht es noch weiter! Der Job war wirklich anstrengend wegen der Hitze, außerdem waren die „Straßen“ wirklich eine Zumutung. Seini tendiert zudem dazu, wie ein Henker zu fahren, sodass man keine ruhige Minute hatte. Auch die Rinderherden, die die Straßen auf den Dörfern blockieren, tragen nur kurzfristig dazu bei…

Nafos versperren den Weg

Das waren die Tagesberichte. Daneben möchte ich noch kurz ein paar allgemeine Dinge loswerden:

Wetter/Klima: Da es hier nun immer trockener wird, gibt es auch immer mehr Staub, wodurch der blaue Himmel nicht zu sehen ist, obwohl keine Wolke da ist. Gut, dass ich einen Mundschutz zum Rollerfahren habe! Nachts ist es mittlerweile nicht mehr ganz so warm, sodass man gut schlafen kann; tagsüber aber schwitzt man nach wie vor richtig viel, was zur Folge hat, dass man nur selten aufs Klo muss. ;)

Sprache: Da sich die meisten hier auf Moore unterhalten, fühlt man sich ziemlich ausgeschlossen. Wenn die Leute mit mir sprechen, klappt es aber mit dem Französischen immer besser.

Essen: An das Essen gewöhnen sich mein Magen und ich uns immer mehr, Reis mit Erdnusssoße ging heute zum Beispiel einwandfrei. Manche Sachen traue ich mich aber noch nicht und ich passe nach wie vor auf, was mir auf den Teller kommt!

Eine weitere Schule in Garango mit Bäumen, die den Kindern, Lehrer_innen und Tieren Schatten spenden

Wie fühlt man sich als Weißer? Ich bin ich hier weit und breit der einzige Weiße und man fühlt sich schon oft beobachtet, einfach weil man anders aussieht. Man wird aber in keiner Weise angefeindet oder abwertend behandelt, überhaupt nicht. Vielleicht wird man etwas häufiger angebettelt von kleinen Kindern, aber da muss man dann hart bleiben. Trotzdem ist der Gedanke daran, wie vor Krieg und Armut Geflüchtete bei uns in Europa von einigen Unmenschen behandelt werden, seit ich hier bin, allgegenwärtig.

Heimweh: Diesbezüglich hat sich mein Zustand deutlich verbessert. Natürlich vermisse ich meine Freundin und es ist toll, dass wir so regelmäßig telefonieren können. (An dieser Stelle muss man WhatsApp einfach mal danken.) Man merkt durch diese Erfahrung hier auch, wie gut es uns in Deutschland geht und dass bei uns auf einem sehr hohen Niveau gejammert wird. Ich weiß nun noch besser, dass ich niemals auswandern werde, weil ich das Leben daheim einfach liebe. Aber ich habe meine Situation akzeptiert. Noch sechs Wochen. Nicht mehr und nicht weniger.
So, es tut mir wirklich leid, dass der Eintrag wieder so lang wurde. Danke, dass ihr bis zum Ende am Ball geblieben seid. Meldet euch gerne mal bei mir!

A très bientôt

Jonas