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Paul und Abbé Denis verabschieden mich vor meiner Abreise aus Tenkodogo.
Es mag anders aussehen, aber ein wirklich trauriger Moment. |
Schon über vier Monate ist es jetzt her, dass ich aus Tenkodogo in Burkina Faso wiedergekommen bin und natürlich hat mich der Alltag hier mittlerweile wieder voll im Griff. Trotzdem oder grade deshalb will ich in diesem letzten Blogeintrag zu meinem Aufenthalt in Afrika zum einen über meine letzte Woche in Afrika, die ich euch bisher noch schuldig geblieben bin, berichten. Insbesondere will ich zum Anderen aber versuchen, meine Zeit in Afrika mit etwas Abstand zu bewerten.
Da es wenig sinnvoll ist, vier Monate später alle Erlebnisse der letzten Woche in Afrika bis ins Detail zu beschreiben, möchte ich die wichtigsten Momente meiner achten Woche in Burkina anhand von Fotos - verteilt über den gesamten Blogbeitrag - darstellen. Bilder sagen ja sowieso mehr als Tausend Worte, wie es so schön heißt.
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Ein Radrennen in Tenkodogo mit vielen Zuschauerinnen und Zuschauern |
Doch nun zur Frage, was mir meine Zeit in Tenkodogo eigentlich gebracht
hat. Zunächst einmal war es eine großartige Erfahrung, die spannendste in
meinem Leben. Ich weiß, sowas kann nicht jede_r erleben. Ich bin sowohl der
Friedrich-Ebert-Stiftung, als auch dem Freundeskreis Hofheim-Tenkodogo e.V. sehr
dankbar, dass sie mir die Möglichkeit dazu gegeben haben.
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Mit Pauls und Denises Kindern beim Tô-Kochen |
Ich habe Burkina als eine komplett andere Welt erlebt. Man braucht sich
nicht einmal sechs Stunden in ein Flugzeug zu setzen und schon sieht man, wie
Menschen auch leben, ganz anders als wir in Mitteleuropa. Nicht mehr vergessen
werde ich z.B. die Kuhherde, die von Kindern direkt nach unserer Ankunft in
Ouagadougou über die Straße geführt wurde. Aber auch die kleinen Lehmhütten am
Straßenrand auf dem Land, in denen ganze Familien ohne Strom, Wasser und alles
leben, was wir in Deutschland als normal und einfach gegeben ansehen. Ich
bewundere die Burkinabé. Sie sind Überlebenskünstler_innen und lachen dabei,
wann immer es geht.
In Deutschland hört man oft das Vorurteil: „Die Afrikaner
sind faul.“ Durch mein Praktikum bei OCADES Caritas in Tenkodogo konnte ich die
Arbeitsroutinen und –weisen der Menschen in Burkina Faso kennenlernen und
hautnah miterleben. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dieses Vorurteil
falsch ist. Arbeitsbeginn war jeden Morgen um 7 Uhr und es wurde bis abends
geschafft. Klar, für mich gab es nicht immer etwas zu tun, aber das ist bei
Praktika in Deutschland sicherlich auch manchmal so. Wichtig ist, dass ich
immer wieder mit anpacken konnte und das Gefühl hatte, gebraucht zu werden,
z.B. habe ich den Vertrag zwischen dem Freundeskreis und Caritas übersetzt.
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Abschied von meinen Kolleg_innen in der inklusiven Grundschule |
Auch
meine Woche in der inklusiven Grundschule St. Vincent de Paul für sehbinderte
Kinder war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Dort wurde nicht wie
bei uns ewig lange über inklusive Bildung geredet, sondern einfach damit
angefangen, auch wenn nicht alles direkt geklappt hat. Wir sollten uns vom
burkinischen Pragmatismus ruhig mal eine Scheibe abschneiden. In jeder Klasse
waren 65 Kinder. Das ist in Burkina normal. Und wir regen uns in Deutschland
über 30 Schüler_innen auf?
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Der Pfarrer der Gemeinde, in der ich lebte, und ich |
Insgesamt bin ich bei Caritas, in der Schule und in
der Gemeinde, wo mein Zimmer war, extrem freundlich aufgenommen worden (habe
bspw. kostenlos ein Moped zur Verfügung gehabt) und konnte immer jemanden mit
einem offenen Ohr finden.
Zur Sprache muss hier natürlich aber auch kommen, dass
die zwei Monate nicht immer einfach waren. Es ist schon eine Herausforderung, als Mitteleuropäer in einem der ärmsten Länder Welt zwei Monate lang zu leben. Man
wird ständig als „der Weiße“ wahrgenommen und fühlt sich teilweise auch
beobachtet, weil man weit und breit der einzige Weiße ist. Das ist von Seiten
der Burkinabé überhaupt nicht böse gemeint, fühlt sich aber dennoch manchmal
etwas komisch an. Trotzdem bin ich froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. Ich
denke, es muss für Menschen, die nicht weiß sind, in Deutschland unheimlich schwierig
sein – grade in der heutigen Zeit, in der sich die politische Debatte immer
weiter auflädt.
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Am letzten Abend mit Denise und Paul |
Natürlich gab es auch Zeiten, in denen ich mir
gewünscht habe, sofort wieder in Deutschland zu sein und am Ende war ich
natürlich auch sehr froh, wieder daheim zu sein, wieder unser Essen zu genießen
(und sei es ein Käsebrot). Ich denke, man lernt durch solche Erfahrungen viel
mehr zu schätzen, was man davor als normal angesehen hat. Die Wertschätzung für
die einfachen Dinge des Lebens steigt enorm.
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Abschied von Sinaré in Ouaga |
Dank Paul und seiner Frau hatte ich zudem die
einmalige Möglichkeit, das Leben in einer burkinischen Familie kennenzulernen.
Es war großartig zu sehen, wie die drei Kinder (was noch ziemlich wenig ist im
Vergleich) lachen und spielen – genau wie bei uns. Anders ist aber, dass die
Kinder auf einer Bastmatte, die jeden Abend im Wohnzimmer ausgerollt wird,
schlafen. Nicht in Betten oder sogar in eigenen Zimmern. In Erinnerung ist mir
auch geblieben, dass ausschließlich Denise, Pauls Ehefrau, gemeinsam mit dem
Kindermädchen für den Haushalt zuständig war. Sie haben gekocht, gewaschen usw.
Es gibt in Burkina noch viel strengere Rollenbilder als bei uns. Mir fiel es
schwer, das zu akzeptieren und nicht selbst auch zu helfen, z.B. beim Tischdecken. Zudem lebte Pauls
Bruder, der grade mitten im Abitur war, auch mit im Haus. Ich denke, das
Unterstützen von Familienangehörigen ist in Burkina normal, denn soziale
Absicherung durch den Staat gibt es nicht. Das heißt auch, dass Menschen, die
Geld verdienen, teilweise nicht nur ihre eigenen Familie ernähren müssen,
sondern auch Cousins und Cousinen, Großeltern und so weiter.
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auf dem Moped in der Hauptstadt der Mopeds Ouaga |
Alles in allem bin ich den Menschen, die mich in
Tenkodogo so wunderbar empfangen und sich so großartig um mich gekümmert haben,
unsagbar dankbar.
Paul, der abends jeden Tag mit mir Essen war, mir das
Mopedfahren beigebracht hat, mich nach meinem Mopedunfall verarztet hat und mit
dem ich mich wunderbar austauschen konnte – über Deutschland, Burkina, Politik
und vieles mehr.
Denise, die für mich kochte, meine Wäsche wusch, ohne etwas dafür zu wollen.
Einfach so.
Louis, der immer bereit war, sich mit mir auf ein Bier zu treffen, der von
einem Fußballinternat in Tenkodogo träumt und der als Stadtverordneter in Tenkodogo
ein Kollege von mir ist.
Sinaré, der mit mir Schuhe kaufen war und mich von Tenkodogo nach Ouaga gebracht
hat.
Meine Kollegen Monsieur l’Abbé Dénis, Abbé Lucien, Martine, Bayala, M. Sina und
Lazare, die dieses Praktikum unvergesslich gemacht haben.
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Die Kathedrale von Ouagadougou am Tag der Taufe von Erics Tocher |
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Ein paar Mopeds neben der Kathedrale |
Ich war nie alleine, wusste immer jemanden, zu dem ich
gehen konnte. Das war ungemein wichtig. All diese Menschen, mit denen ich auch
heute noch regen Kontakt habe, aber auch das Lächeln, die Freude und
Dankbarkeit der Menschen auf den Dörfern, als unsere Delegation kam, um zu
helfen, haben mir gezeigt, dass es sich ungemein lohnt, sich für besseres Leben
in Burkina Faso und eine gerechtere Verteilung von Wohlstand in der Welt
einzusetzen. Diesen Menschen geht es so schlecht, weil es uns so gut geht.
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Stolze Eltern mit dem Taufkind |
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Anstehen für die Taufe |
Ich möchte mich deshalb weiter beim Freundeskreis
Hofheim-Tenkodogo engagieren, denn er leistet wirklich hervorragende Arbeit in
Tenkodogo. Jeder gespendete Euro fließt direkt in wunderbare Projekte –
Brunnen, Schulgebäude, Krankenstationen usw. – und nicht in dicke Autos von
großen Hilfsorganisationen, über die ich mich des öfteren aufgeregt habe.
Deshalb werde ich in den nächsten Monaten hier in
Deutschland in einigen Vorträgen von meinen Erfahrungen berichten, um die
Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Vielleicht findet sich dabei ja noch
jemand, der für den Verein ein Praktikum in Tenkodogo machen will.
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Aristide und ich kurz vor dem Abflug |
Das würde mich freuen, denn insbesondere die
Abiturient_innen, mit denen ich meinen Workshop durchführte,
haben mir verdeutlicht, wie richtig es für mich war, dieses Abenteuer Burkina
Faso zu wagen. Die Welt ist klein und wir sind groß. Treffender als dieses
Zitat von Mark Forster lässt sich mein Aufenthalt wohl nicht beschreiben und
immer, wenn dieser Song im Radio läuft, erinnere ich mich mit feuchten Augen an
meine Zeit in Afrika.
Es waren die Menschen, die diesen Aufenthalt zu dem
gemacht haben, was er war. Liebes Burkina, ich komme wieder! Cher Burkina Faso, un jour je reviendrai!
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Letztes Foto mit Louis und Eric,
die mich zum Flughafen gebracht haben |