Montag, 9. Dezember 2013

Rücknahme der Verschiebung von „House of Cards“ ins Nachtprogramm

Zusammen mit Carsten Sinß habe ich einen Beschwerde-Brief aufgesetzt, den wir an Sat.1 senden werden. Wir wollen nicht, dass "House of Cards" ins Nachtprogramm verschoben wird, denn diese Serie ist ein Teil der politischen Bildung im Deutschen Fernsehen, vor allem für junge Menschen!

Wenn ihr den Brief mitzeichnen wollt, wendet euch bitte bei Twitter oder Facebook an Carsten oder mich. 

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Herrn                                             Hofheim und Oestrich-Winkel, den 09.12.2013
Markan Karajica
Vorsitzender
ProSiebenSat.1 Digital GmbH
Medienalle 4
D-85774 Unterföhring
                                                                                        

Rücknahme der Verschiebung von „House of Cards“ ins Nachtprogramm


Sehr geehrter Herr Karajica,


Die Serie „House of Cards“ hat nicht nur sehr gute Kritiken bekommen; wir empfinden sie auch als einen Teil der politischen Bildung im Deutschen Fernsehen, allem voran für junge Menschen. Die Serie gewährt Einblick in den Washingtoner Regierungsbetrieb und zeigt somit politische Prozesse und Arbeit auf. Wir sind der Meinung, dass „House of Cards“ eine der wenigen Institutionen im Deutschen Fernsehen ist, die in der Lage ist, jungen Menschen Einblicke in den politischen Betrieb zu gewähren und somit auch „Lust“ auf Politik zu machen.

Deshalb möchten wir uns mit dieser Mail bei Ihnen dafür einsetzen, dass der originäre Sendeplatz beibehalten wird. Nützlich könnte auch ein Vorziehen der Serie auf 22.15-23.15 Uhr sein, um mehr Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden die Möglichkeit zu geben, die Serie zu konsumieren.

Wir bitten Sie, die vorgesehene Verschiebung rückgängig zu machen und hoffen auf baldige Rückmeldung Ihrerseits.

Mit freundlichen Grüßen


Carsten Sinß (Vorsitzender der Jusos Hessen-Süd 2011-2013)
Jonas Tresbach (Vorsitzender der Jusos Main-Taunus)
Phillip Krassnig (Mitglied im Landesvorstand der Grünen Jugend Hessen)
Bijan Kaffenberg (Stellv. Landesvorsitzender der Jusos Hessen)
Sven-Andrej Scharf (Vorsitzender der Jusos Wiesbaden)
Jörg Suckut (Stellv. Vorsitzender der Jusos Darmstadt-Dieburg)
Mirza Kehonjic-Thiede
David Gutensohn
David Peter Herbert Berger
...

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Warum ich NEIN zu #GroKo sage.

alea iacta est. Ich habe mich entschieden.

Ich habe mein Kreuz gemacht. Nicht erst seit dem 22. September war ich gegen eine Koalition mit der Union. Nach Vorlage des Vertragstextes war ich kurzzeitig entschlossen, mit JA zu abstimmen. Letztlich habe ich mich aber dennoch dazu entschieden, gegen die Große Koalition zu votieren.


Vorab: ich habe den Vertrag ausgiebig gelesen und studiert. Und ja, es gibt (Teil-)Erfolge, mit denen man zufrieden sein kann. Dies ist zum Beispiel beim Thema Rente der Fall. 


Mein Opa sagte mir heute: "Der einzige Grund, warum du gegen die Große Koalition stimmen kannst, ist deine Jugend." Doch das ist er nicht. Im Folgenden werde ich erklären, aus welchen Gründen ich gegen die Große Koalition im Bund gestimmt habe.


Zunächst möchte ich dabei auf meine grundlegenden machtpolitischen Einstellungen unabhängig von der jetzigen Situation eingehen. Ich war immer gegen Große Koalitionen, da die Systeme der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Bundesländer nicht dafür geschaffen wurden. Unsere Demokratie lebt von zwei politischen Lagern, die von jeweils einer großen Volkspartei angeführt werden. Dies sollte auch der Normalfall sein. Zudem bin ich als linker Sozialdemokrat und Jungsozialist inhaltlich den Linken näher als CDU/CSU. Koalitionen mit der Union können also nur der letzte Ausweg für die SPD sein. 

Doch dieser ist in der jetzigen Situation nicht gegeben, denn es gibt in Deutschland eine linke Mehrheit. Dass unsere Parteiführung nicht einmal den Versuch unternommen hat, diese in welcher Weise auch immer zu nutzen, ist traurig und m.E. nicht richtig. 


Doch nun möchte ich zu den inhaltlichen Mankos des Koalitionsvertrages kommen, die mich dazu bewegten, mein Kreuz bei NEIN zu machen. Zu allererst ist dabei festzustellen, dass der Koalitionsvertrag gespickt ist von Kompromissen. Natürlich ist das immer so, wenn sich verschiedene Parteien zusammensetzen und einen solchen Vertrag ausarbeiten. Koalitionsverträge sind immer auch Kompromissverträge. Doch eins dürfen diese Kompromisse nicht sein: faul. Leider finden sich solch faule Kompromisse in beträchtlicher Zahl im Vertrag wieder. Beispiel Mindestlohn. Hierzu möchte ich zunächst auf das Regierungsprogramm der SPD verweisen:


"Wir wollen einen gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von mindestens 8,50 Euro einführen - einheitlich in Ost und West, der auf Vorschlag einer vom BMAS eingesetzten Mindestlohnkommission jährlich angepasst wird. Den Mindestlohn werden wir mit klaren Regeln zur Kontrolle und Sanktionen bei Umgehung verbinden." (SPD-Regierungsprogramm, S.19)

Im Koalitionsvertrag heißt es zum Mindestlohn (Koalitionsvertrag, S.67f), dass ein flächendeckender, gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro im Jahre 2015 eingeführt werde. Faktisch besteht aber für ALLE Arbeitnehmer*innen wegen diverser Ausnahmeregelungen erst ab 2017 der Mindestlohn von 8,50 Euro. Hier schellen bei mir die Alarmglocken, denn 8,50 Euro sind ja jetzt schon nicht genug zum Leben. Wie sollen sie es dann 2017 sein? Problematisch ist zudem, dass der Mindestlohn nicht jährlich vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), also der Politik, überprüft wird, sondern "in regelmäßigen Abständen - erstmals zum 10. Juni 2017 mit Wirkung zum 1. Januar 2018 - von einer Kommission der Tarifpartner überprüft" (Koalitionsvertrag, S. 68) wird. Ihr seht, es handelt sich um einen faulen Kompromiss beim Thema "Mindestlohn". Gleiches gilt für die Themen "Doppelte Staatsbürgerschaft" und die Gleichstellung Homosexueller. (Wie aberwitzig ist es eigentlich, dem BVerfG den "Agenda-Setting-Ball" zuzuspielen und auf ein Urteil zu warten, um dann zu handeln?). Bildungspolitisch ist es zudem ein Fiasko, dass weder die Abschaffung des unsägliches Kooperationsverbotes noch die des Betreuungsgeldes im Koalitionsvertrag vorgesehen sind. Gesundheitspolitisch ist es bedauerlich, dass keine Bürgerversicherung eingeführt wird, sondern das Zwei- bzw. Dreiklassensystem im Gesundheitssystem fortbestehen wird. Wir haben Wahlkampf gegen die Pkw-Maut für Ausländer*innen gemacht, Merkel hatte sogar im TV-Duell versprochen, dass eine solche mit ihr nicht kommen werde. Doch die ultrakonservativen Köpfe der CSU haben das Projekt durchgesetzt. Da hilft es auch nichts, dass Gabriel "das Problem da lassen will, wo es derzeit liegt", nämlich in Europa.

Apropos Europa. Wo ist Europa in diesem Vertrag? Unsere Parteiführung hatte einen neuen Kurs in der Europapolitik versprochen. Dafür wurde die SPD gewählt. Doch im Vertrag finden sich keine Punkte, die den Fortschritt der europäischen Einigung und das Ende der Austeritätspolitik anzeigen. Ein unverzeihlicher Fehler.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht ebenfalls kritisch zu betrachten ist folgender Auszug aus dem Koalitionsvertrag, stellt er doch das freie Mandat infrage und führt für Mitglieder der Regierungsfraktionen quasi ein imperatives Mandat ein:

"Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionspartner einheitlich ab." (Koalitionsvertrag, S.184)

Als letzten inhaltlichen Punkt möchte ich das Thema Steuergerechtigkeit mithilfe eines von mir verfassten Tweets anführen. 



Neben diesem Argument sehe ich auch die Finanzierung des Koalitionsvertrages kritisch. Nur wenige Aspekte werden dazu in den Vereinbarungen angeführt. Für die Realisierung der vielen Investitionen in Milliardenhöhe müssten m.E. Steuererhöhungen für Reiche eingeführt werden. Zum derzeitigen Zeitpunkt kann ich mir nicht erschließen, wie diese Investitionen realisiert werden sollen, ohne gegen die Schuldenbremse zu verstoßen.

Nun zum Verfahren des Mitgliedervotums: Es ist großartig, dass die SPD als erste Partei ein solches Instrument in der politischen Landschaft der Bundesrepublik entwickelt hat. Ein Umstand auf den man verdammt stolz sein kann. Jedoch wirbt die Parteispitze mit gefühlt 100 Unterschriften im Anschreiben zum Votum um das JA der Basis. Meiner Meinung nach wird hierdurch das Abstimmungsergebnis verzerrt, da die Gegner*innen der Großen Koalition nicht die Möglichkeit hatten, für ihre Position zu werben. Zudem finde ich die Entscheidung der Spitze unglücklich, dass weder die Verteilung der Ministerien noch deren Besetzung zum Abstimmungszeitpunkt öffentlich gemacht wurden. Sicher ist nur, dass die Hauptverantwortlichen der Wahlniederlagen ihre Ministerposten bekommen werden. In einer Großen Koalition wird dementsprechend keine Aufarbeitung des miserablen Ergebnisses bzw. personelle Neuaufstellung der Partei stattfinden. Dies sieht man auch daran, dass sich Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier zwei oder drei Tage nach der Bundestagswahl von der Fraktion wiederwählen ließ, ohne dass in die Basis kommuniziert wurde, dass dies für die Handlungsfähigkeit der Fraktion von Nöten war. Die Wahl des Fraktionsvorsitzenden hätte unter Vorbehalt stattfinden müssen!

Schließlich möchte ich Euren Blick noch einmal auf den Wahlausgang 2009 nach der 2. Großen Koalition richten. Mit 23 Prozent erzielte die Sozialdemokratie das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der BRD. Natürlich haben wir in den Jahren 2005-2009 gravierende Fehler gemacht (bspw. Erhöhung der Mehrwertsteuer), doch ist klar geworden, dass Merkel alle Erfolge zu ihrem Vorteil nutzen kann und nutzt. Das Ergebnis der nächsten Bundestagswahl nach einer Koalition mit der Union will ich mir überhaupt nicht ausmalen. 

Zudem könnte ich es mir nicht verzeihen, Leuten wie Friedrich, Ramsauer und vor allem Merkel auf den Thron geholfen zu haben und als Teil der Steigbügelhalter der Union in die Geschichte einzugehen.

Aus all diesen Gründen habe ich nach Abwägung aller Argumente gegen die Große Koalition gestimmt. Die SPD braucht ein neues linkes Profil, um auch in Zukunft Volkspartei zu sein. Dies wäre in einer Koalition mit der Union nicht möglich.