In der Uni geht es darum, gute Noten zu schreiben, stumpf
auswendig zu lernen und wissenschaftliche Texte zu zitieren. Ich fühle mich in
meine Schulzeit zurückversetzt. Lest, was mich am Studium stört.
Ich erinnere mich gerne an
meine Abi-Entlassungsfeier. Reden wurden gehalten - von Lehrer_innen, die uns
aufforderten, unseren Weg zu gehen und selbstständig zu werden. Anschließend
wurden vor der Tür mit den besten Freund_innen Fotos gemacht. Abends wurde
gefeiert - mit Tanz, wenig Essen und viel Alkohol. Die hirnlose Lernerei hatte
ein Ende. Kurz gesagt: Wir fühlten uns wie die König_innen der Welt. Die Welt
lag uns zu Füßen.
Nach dem Abi machte ich ein Freiwilliges Soziales Jahr. Ein
Jahr mit vielen neuen Perspektiven auf das Leben. Dennoch habe ich mich
gefreut, endlich wieder etwas lernen zu dürfen, aus Büchern und von
Wissenschaftler_innen. Eigenverantwortlich und über einen Themenbereich, der
mich interessiert. Deshalb habe ich mich an der Uni eingeschrieben. Dank meiner guten
Abinote wurde ich glücklicherweise zugelassen. Mit vollem Elan ging ich ans
Werk. Erst jetzt im vierten Semester beginne ich, mein Studium zu reflektieren.
Mir fallen zum Ende meines Bachelor-Studiums immer mehr Punkte auf, die mir
innerlich widerstreben, die ich nicht länger für mich behalten kann und möchte.
Was macht diese Punkte aus und was lässt sich aus ihnen schließen?
Zunächst sei gesagt, dass es in meinem Studiengang nur darum geht,
gute Noten zu ergattern. Dadurch werden Dinge hintenangestellt, die meines
Erachtens unverzichtbar sind. Seminare werden nicht nach Themensetzung gewählt,
sondern nach Dozent_innen. Priorisiert werden immer diejenigen, die bessere Noten
geben. Das führt sogar so weit, dass in WhatsApp-Gruppen nachgefragt wird,
welche Dozent_innen denn notentechnisch wählbar sind. Über Themen wird niemals
ein Wort verloren. Das Schlimme ist, dass es für Studierende notwendig ist, das
Studium so anzugehen. Machen sie es nicht, ist es so gut wie unmöglich, einen
Masterplatz am Institut zu bekommen.
Zum anderen geht es meinem Studiengang nur darum,stumpf irgendwelche Vorlesungsfolien auswendig zu lernen. Eigener
Transfer wird nicht verlangt. Ich gehe sogar so weit, dass er nicht
erwünscht ist. Es werden keine Anreize gesetzt, selbst etwas zu erforschen.
Klausuren und Hausarbeiten bestehen ausschließlich aus dem Rezitieren
existenter Wissenschaft, weil die Dozent_innen entweder nicht die Kapazitäten
haben, sich intensiv mit neuen Themen zu beschäftigen, oder weil sie - auf gut
Deutsch - keinen Bock drauf haben. Versucht man in einer Hausarbeit etwas Neues
zu erforschen, bekommt man schlechte Noten, weil die Hausarbeit eventuell an
der einen oder anderen Stelle nicht gänzlich konsonant ist. Wissenschaftliches
Arbeiten findet de facto nicht statt.
Das Studium ist bis ins Äußerste verschult. Ich fühle mich in
meine Schulzeit zurückversetzt. Es gibt nur einen Unterschied: Anonymität. In
der Schule hatte ich einen Namen, jetzt bin ich eine Nummer.
Schaffung obrigkeitshöriger Egoist_innen
Ich gehe davon aus, dass meine Erfahrung auch auf andere - vor
allem sozialwissenschaftliche - Studiengänge zutrifft. Das ist höchst
bedenklich. Durch die Verschulung des Studiums werden Studierende nicht zu
selbstbewussten Menschen, die inhaltlich gut vorbereitet und selbstbewusst auf
den Arbeitsmarkt kommen. Vielmehr werden obrigkeitshörige und egoistische Menschen geschaffen,
die jedem und jeder am Arsch kleben, die gut für sie sein könnten.
Alle machen nur noch, was für die eigene Karriere von Nutzen ist.
Gesellschaftliches Engagement wird zum Fremdwort. Der Staat erlaubt sich an
seinen Universitäten die Ausbildung egoistischer Pseudo-Wissenschaftler_innen,
die mit guten Abschlüssen aus der Uni kommen, aber für das Arbeitsleben nicht
bereit sind.
Ich kann nur hoffen, dass sich das im Master zum Positiven ändert.
Bis dahin lerne ich wie zu meiner Schulzeit weiterhin Daten auswendig und wähle meine Seminare nach Noten. Sonst bleibt ein Masterplatz ein
ferner Traum.
Bildquelle:
"Fritz Schumann": www.jugendfotos.de
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