Sonntag, 4. Dezember 2016

Die sechste Woche: Kraft tanken fürs Finale

Louis und ich in einer Kneipe

Salut aus dem immer noch sehr heißen Tenkodogo ins – wie ich so mitkriege – bitterkalte Deutschland! Mittlerweile bin ich schon sechs Wochen hier in Burkina und drei Viertel meines Aufenthaltes sind schon rum. Ihr erinnert euch sicher, dass die fünfte Woche mit Ouaga und Kermesse sehr voll und anstrengend war. Deshalb bin ich froh, dass ich die vergangene Woche ein bisschen nutzen konnte, um mich zu erholen und die letzten Tage meiner Zeit in Afrika zu planen. Doch lest und seht selbst, was ich so erlebt habe!

Montag, 28. November: Tag 1 nach der wirklich wunderbaren, aber auch anstrengenden Kermesse. Vormittags hatte ich auf der Arbeit nochmal ein bisschen was für den Vertrag zwischen dem Freundeskreis Hofheim-Tenkodogo e.V. und OCADES zu tun, der nun endlich unterschrieben werden kann. Danach habe ich das Angebot von Abbé Denis gerne angenommen und bin am Nachmittag daheim geblieben und habe ein bisschen Schlaf nachgeholt. Man hat mir meine Müdigkeit wohl ziemlich angesehen. :D Abends war ich wie fast immer mit Paul essen und habe ihm meine Wäsche mitgegeben, die seine Frau gemeinsam mit einer jungen Frau, die in ihrem Haus mithilft, für mich waschen werden. Ein großes Dankeschön dafür!


Ein kleiner Gast in meinem
Zimmer

Dienstag, 29. November: Am Vormittag sind vier Ordensschwestern aus Niger gekommen (laut Human Development Index das am wenigsten entwickelte Land der Welt), die eine lange Reise in einem wackligen Bus auf sich genommen hatten, um sich die OCADES-Projekte im Bereich der inklusiven Bildung anzuschauen. Sie sind gerade dabei inklusive Bildungsprojekte in Niger zu initiieren und haben sich bei uns Infos und Ratschläge geholt. Alle Mitarbeiter_innen von OCADES und die Schwestern versammelten sich also im Versammlungszimmer und stellten sich einander vor. Abbé Denis stellte zudem das Secrétariat Executif Diocésan (SED) von OCADES in Tenkodogo, also meine Arbeitsstelle, vor. Das war auch für mich sehr interessant. So betreut das SED 9 Gemeinden in zwei Provinzen. Insgesamt gibt es ca. 80 Mitarbeiter_innen, die größtenteils auch direkt vor Ort in den Gemeinden eingesetzt sind. Nach dem Gespräch hatte ich wenig zu tun und bin deshalb am Nachmittag mit Sinare Mitbringsel usw. einkaufen gewesen. Ich habe auch neue Schuhe (Sebago Docksides) gekauft. Diese Kosten bei uns über 100 Euro, hier habe ich sie für knapp 20 Euro bekommen. Es hat sich für mich also ziemlich gelohnt. Wenn ich aber allgemein die Preise mit unseren in Europa vergleiche, stelle ich nur im Bereich alltäglicher Dinge einen Unterschied fest. Also zum Beispiel bei Gemüse, Obst und Brot. Bei „Luxusgütern“ (z.B. Mobiles Internet, Benzin oder Bier), die sich nicht jede_r leisten kann, gibt es dagegen fast keinen Unterschied. Das Wasser der Marke „Lafi“ ist sogar deutlich teurer als Flaschenwasser bei uns.


Polizei macht Frühsport auf der Hauptstraße
Mittwoch, 30. November: Vormittags ist ein Abbé gekommen, der die Brillen, die unser Verein aus Deutschland mitgebracht hat, abgeholt hat. Er besitzt eine Maschine, mit deren Hilfe die Stärken ausgelesen werden können. Mit ihm konnte ich kurz sprechen, auf dem Weg nach Ouaga am 17. Dezember werde ich mit Sinare einen Stopp bei ihm vor Ort machen und mir ein eigenes Bild machen können. Dann kann ich euch dazu auch mehr berichten. Außerdem habe ich versucht, die Handys von meinen Kollegen auf Vordermann zu bringen. Das sind hier oft China-Produkte, die so ähnlich wie die Samsung-Originale aussehen, aber von der Leistung her sehr schwach sind. Ein interner Speicher von 130 MB für ein modernes Smartphone reicht einfach nicht, wenn man die Facebook-App (60 MB) nicht auf die SD-Karte verschieben kann… Echte Samsung-Geräte kann sich hier aber fast niemand leisten, der ein durchschnittliches Einkommen hat.

OCADES, Stadt Garango und Schwestern

Donnerstag, 1. Dezember: Heute habe ich meine Kollegin Martine und die Schwestern nach Garango begleitet. Im Rathaus wurden gemeinsam mit Vertretern der Stadt Garango, u.a. dem Bürgermeister, Projekte im Bereich der inklusiven Bildung vorgestellt und diskutiert. Das Projekt von OCADES und der Stadt in Garango hatte als Ziel mindestens 80 Prozent der Menschen mit Behinderung und Benachteiligten in soziale Strukturen, also Regelschulen, zu integrieren. So gibt es in Garango 15.350 Schüler_innen in 47 Schulen, von denen ca. 700 ein Handicap haben oder benachteiligt sind. Das Projekt wurde 2010 initiiert und mit sieben internationalen Partnern durchgeführt, u.a. auch vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und Light for the world. Es gab drei nationale Partner, u.a. die Stadt Garango und OCADES. Zunächst wurden der Bedarf ermittelt und sieben Klassen geschaffen, um die Kinder mit Behinderung oder Benachteiligung auf die Regelschulen vorzubereiten. Nach der Vorbereitung wurden die Kinder erfolgreich in die Regelschulen integriert. Das Projekt scheint ein großer Erfolg gewesen zu sein, was auch dadurch bestätigt wird, dass die Schwestern grade nach Tenkodogo gekommen sind, um es sich anzugucken. Außerdem habe ich nachgefragt, ob Inklusion im Rahmen des Projekts auch weitergefasst sei als inklusive Bildung in Schulen, denn Inklusion endet nach meinem Verständnis nicht nach der Schule, sondern betrifft alle Gesellschaftsbereiche. Martine antwortete, dass sich Inklusion im Rahmen dieses Projekts zwar auf schulische Bildung beschränkt habe, jedoch betreibt OCADES in Garango eine Stelle, die auch Ältere wieder auf die Integration in die Gesellschaft vorbereitet. Nach der Präsentation des Projekts in Garango stellten die Schwestern ihr Projekt in Niger vor. Sie bauen dort inklusive Grundschulen, sind aber noch ganz am Anfang und wollen ihr Engagement noch ausweiten. OCADES und die Stadt gaben dann noch Ratschläge, die bei der Umsetzung der Projekte zu beachten seien.


:)

Freitag, 2. November: Mit Martine und den Schwestern habe ich die Schule St. Vincent de Paul besucht; die Schule, in der ich in der nächsten Woche mithelfen werde. Wie ich schon berichtet habe, ist es eine inklusive Grundschule (bis zur sechsten Klasse), die Kinder mit Sehbehinderung auf die Regelschulen zunächst vorbereitet (Klassen 1-3) und dann integriert. Nach der Arbeit habe ich mich noch mit Louis getroffen, wir sind ein Bier trinken gewesen. Dabei haben wir festgestellt, dass wir Kollegen sind. Er ist Stadtveordneter in Tenkodogo (conseil municipal) und ich in Hofheim.  

Samstag, 3. Dezember: Am Samstag, meinem ersten freien Tag nach langer Zeit, bin ich mit heftigen Magen-Darm-Problemen aufgewacht, die mich leider auch den ganzen Tag dazu zwangen, im Bett zu bleiben. Es lag wohl an nicht gut zubereitetem Hackfleisch, das ich am Donnerstag gegessen hatte. Paul hat mir nach dem Gottesdienst, in den ich eigentlich auch gehen wollte, Essen vorbeigebracht, danach ging es mir schon deutlich besser.

Sonntag, 4. Dezember: Die Magen-Darm-Probleme waren heute zum Glück schon wieder rum. Das liegt wohl daran, dass ich mittlerweile an das Essen hier gewöhnt bin. Hätte ich dieses Hackfleisch in der ersten Woche gegessen, hätte mich das viel länger aus der Bahn geworfen. Ich war bei Paul und seiner Familie zum Essen, das sehr lecker war, eingeladen. Danach hörte ich das Spiel der SGE in Augsburg (achtes Pflichtspiel in Folge ohne Niederlage!) im Radio. Abends brachten mir Paul und Denise, seine Frau, noch ein Paket neue Wasserbeutel, die ich immer noch nicht mit meinem Moped transportieren kann. Nochmal vielen Dank! :)


Schüler_innen in St. Vincent de Paul

Ihr seht, die vergangene Woche war nicht besonders voll. Darüber bin ich aber sehr froh. Ich konnte genug Kraft für die letzten zwei Wochen tanken! In denen habe ich noch viel für den Freundeskreis Hofheim-Tenkodogo zu tun. In der nächsten Woche werde ich den Ansprechpartner des Vereins im Rathaus und den Bürgermeister von Tenkodogo treffen. In der achten und letzten Woche werde ich zudem das Maison de la Femme und die Schulen in Gorgou und Goursampa besuchen. Außerdem werde ich drei Workshops im Deutschunterricht von Paul anbieten. Das wird sicher spannend! Ich freue mich auf die letzten beiden Wochen, die jetzt noch bevorstehen. Sie werden sicher wie im Flug vergehen!

Viele Grüße aus Tenkodogo
Jonas 


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