Erneut deutlich wurde dabei: Die SPD steckt seit der
Bundestagswahl am 22. September in einem großen Dilemma, das aus drei Teilen
besteht und aus dem es scheinbar keinen ernsthaft gangbaren Ausweg gibt.
Der erste Teil dieses Dilemmas der SPD ist hausgemacht und
begann bereits lange vor der Bundestagswahl, als die Parteispitze jegliche
Zusammenarbeit mit der Partei ‚Die Linke‘ ausschloss und sich vollends auf eine
rot-grüne Mehrheit im Deutschen Bundestag verließ. Betrachterinnen und Betrachter
außerhalb, aber auch innerhalb der Partei stellten früh fest, dass es keine
parlamentarische Mehrheit für SPD und Grüne geben würde. Seit dem 22. September
gibt es nun eine linke Mehrheit in Deutschland, die aber aufgrund der
sogenannten „Ausschließeritis“ nicht für einen Politikwechsel genutzt werden
kann, um Wortbruch zu vermeiden und die eigenen Wählerinnen und Wähler nicht zu
hintergehen.
Teil zwei des Dilemmas der SPD ist die Absage der Grünen an
die Union sowie die Absage der Union an eine Minderheitsregierung, denn aus
diesen Absagen resultiert die gefühlte Pflicht, sich als SPD an einer Koalition
mit der Union zu beteiligen, um in der Bevölkerung nicht als verantwortungslos
eingestuft zu werden. Zwar ist die Wiederauflage der Großen Koalition eine
Chance, das Leben vieler Menschen in Deutschland zu verbessern (Stichworte:
Mindestlohn, Mindestrente und Gleichstellung von Frauen und Männern),
allerdings weiß man, dass die SPD bei der Bundestagswahl 2009 aus der letzten Großen
Koalition (nach größtenteils guter Arbeit) von den Wählerinnen und Wählern mit
23 Prozent abgestraft wurde. Auch 2013 hat sie sich mit 25 Prozent von dieser
historischen Niederlage noch lange nicht erholt. Bei der nächsten
Bundestagswahl scheinen nach einer Großen Koalition nicht mal 23 Prozent sicher
zu sein.
Der dritte Teil des Dilemmas der SPD ist, dass die mögliche
Ablehnung der Großen Koalition durch die Parteibasis wahrscheinlich aus Mangel
an Alternativen eine Neuwahl zur Folge hat. Die Union sowie die Medien hätten
nun reichlich Argumente, um die SPD an den Pranger zu stellen und den
Wählerinnen und Wählern weiß zu machen, dass es wegen der SPD nicht zur
Regierungsbildung und somit zu Neuwahlen gekommen sei. Neben einer wahrscheinlichen, erneuten
Niederlage der SPD könnten durch eine Neuwahl die AfD sowie die FDP erstmals
bzw. wieder in den Bundestag einziehen, was unstabile Verhältnisse zur Folge
haben könnte.
Folglich befindet sich die SPD in einem dreiteiligen
Dilemma. Ihre Mitglieder sind zweigespalten, wie sie sich bei der
Mitgliederbefragung nach Fertigstellung des Koalitionsvertrags verhalten
sollen; denn eins ist klar: Die Befragung wird keinesfalls nur eine Frage des
Ja-oder-Neins zum Koalitionsvertrag sein. Die Befragung wird entscheiden, ob es
in Deutschland künftig eine Große Koalition mit negativen Folgen für die SPD
oder Neuwahlen mit negativen Folgen für die SPD geben wird.
Pest oder Cholera, wir haben die Wahl.
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